Zum Tod von Johannes Dederichs, dem ehemaligen Leiter des "Blaukreuz-Haus Rauschenberg"
Fortsetzung ...
Die Rauschenberger Einrichtung für alkoholkranke Männer mit besonderen sozialen Schwierigkeiten im Landkreis Neustadt/Aisch war ursprünglich in einem sehr alten Schulhaus untergebracht und wurde durch Spenden und die Erlöse aus einem Trempelmarkt finanziert. Vision war, dass diese Einrichtung, auch Hort der Hoffnung genannt, Menschen eine Zuflucht bieten sollte, die von der Gesellschaft bereits aufgegeben worden sind.
[1] Der damalige fränkische Vorstand fühlte sich überfordert, die Voraussetzungen in ehrenamtlicher Funktion zu schaffen, das Haus Rauschenberg erfolgreich zu entwickeln. Hierzu waren umfangreiche Sanierungen am Gebäude durchzuführen, gutes Personal bereitzustellen, eine Büroorganisation aufzubauen und Patienten zu akquirieren. Gleichzeitig sollte die Einrichtung in eine vom Bezirk Mittelfranken und den Krankenkassen finanzierte Einrichtung überführt werden. Die gesamten Arbeiten im Zusammenhang mit dem Aufbau dieser Einrichtung sind von einem eigens dafür geschaffenen ehrenamtlichen Vorstand aus dem Ortsverein München geleistet worden.
Foto (Privat): Johannes Dederichs mit seiner Frau Lara
Auf Vorschlag von Bernd Zschiesche wurde Johannes Dederichs gebeten, die Leitung dieser Einrichtung, zu übernehmen. Johannes Dederichs sagte zu und gab dafür seine gesicherte Stellung als Pflegedienstleiter auf und ist von München in das abgelegene Rauschenberg gezogen.
Johannes Dederichs war aufgrund seiner Erfahrung als Pflegedienstleiter und seines Medizinstudiums sowie letztlich auch durch seine eigene Betroffenenkompetenz in der Lage, die Einrichtung in Rauschenberg zu einem Leuchtturmprojekt auszubauen, das seinesgleichen sucht. In Rauschenberg hat er eine beachtliche Zahl hoffnungsloser Fälle von Klienten wieder zu einer bürgerlichen Existenz mit fester Arbeit und Wohnung verholfen, obwohl sie zum Teil lange Zeit auf der Straße gelebt hatten. Johannes Dederichs hat versucht, die Gefahr von Rückfällen zu begrenzen, indem er seine Klienten auch nach der Entlassung weiterhin betreute und ihnen eine Heimat mit einem festen Bezugspunkt gab. Dazu ein ergreifendes Beispiel: Ein Klient, der erfolgreich seine Therapie in Rauschenberg beendet hatte, ist später in Erlangen von einem Taxifahrer volltrunken aufgegriffen worden. Auf die Frage, wohin ihn der Taxifahrer bringen könne, antwortete er, nach Hause, und das war die Einrichtung in Rauschenberg. Johannes Dederichs hat die hohe Taxirechnung beglichen und dann die Kostenübernahme geregelt, damit der Klient wieder in Rauschenberg bleiben konnte. An Weihnachten besuchten regelmäßig viele ehemalige Klienten von Rauschenberg ihre alte „Heimat“ als Teil dieser Familie. Johannes Dederichs hat es wie kein anderer geschafft, seinen Klienten die Würde wiederzugeben, Wärme in die Gemeinschaft des Hauses zu tragen und viele Klienten für ein selbständiges Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.
In einem kleinen Ort wie Rauschenberg mit 350 Einwohnern waren die Vorbehalte einer solchen Einrichtung gegenüber wie erwartet sehr groß. Johannes Dederichs hat seine Schützlinge von Anfang an in die Gemeinde integriert: Die Klienten aus Rauschenberg haben sich aktiv an der Gestaltung von Gottesdiensten beteiligt und waren regelmäßig in den Unterricht der Schule integriert, um aufgrund der eigenen Erfahrung über die Gefahren von Suchtmitteln zu berichten; die Tafel in der nahen Kreisstadt Neustadt/Aisch wurde regelmäßig durch Rauschenberger Klienten unterstützt.
Seine Ehefrau Lara hatte großes Verständnis für seine Arbeit. Durch ihre russischen und ukrainischen Sprachkenntnisse konnte sie ihn tatkräftig in vielen Einzelgesprächen unterstützen.
Die Rauschenberger Einrichtung ist 1997 in das Blaukreuz-Diakoniewerk mGmbH (Tochterunternehmen des Blauen Kreuzes in Deutschland e.V.) überführt worden, weil die Anforderungen zum Betrieb der Einrichtung die Möglichkeiten der ehrenamtlichen Arbeit in der Selbsthilfe überschritten hatte.
Johannes Dederichs ist trotz seiner großen Verdienste 2 ½ Jahre vor seiner möglichen Verrentung aus nicht nachvollziehbaren Gründen durch den Vorstand des Blaukreuz-Diakoniewerkes mGmbH unter Druck gesetzt worden, den Weg in die Arbeitslosigkeit zu gehen. Er hat dies zurecht als große Ungerechtigkeit empfunden und ist an dieser unmenschlichen Entscheidung des Vorstands im Diakoniewerk Wuppertal zerbrochen. In seinen letzten Jahren war er sehr krank; seine Ehefrau Lara hat ihn aufopferungsvoll gepflegt.
Wir werden Johannes Dederichs und seine wegweisende Arbeit, bei der die Fürsorge Hilfsbedürftiger immer an erster Stelle stand, in dankbarer Erinnerung behalten.